Wir fragen uns: Ist der Drops schon gelutscht? – Ist das Union-Viertel schon in der PionierPhase*?

web_AP_GentrifizierungGratis-032.jpg

(Foto: Adrian Pietsch)

(Was wäre da passender, als ein paar Bonbons am Kiosk zu lutschen, den Blick 360 Grad schweifen zu lassen und ein bisschen zu träumen. – Von einem schönen, hippen In-Viertel, mit sanierten Altbauwohnungen, Naherholungsgebieten, Gemeinschaftsgärten – von einem Viertel, wo der türkische Supermarkt neben dem Unverpackt-Laden, neben dem Kiosk und dem Bioladen, gegenüber vom Rewe und hinterm Aldi existieren kann, von einem Viertel in dem es angesagte Hinterhof Galerien und Subkultur gibt, kulturell-vielfältig, nachbarschaftlich und lebenswert - für alle.)

Wir haben bei der Recherche zum Projekt immer wieder gemerkt, natürlich auch an uns selber, dass die ersten Phasen von Gentrifizierungsprozessen oft unglaublich angenehm sein können. Es entstehen zum Beispiel neue hippe Bars in leersthenden Lokalen, Kunsträume in Hinterhöfen, Ateliers, Szene-Treffs. Es gibt auf einmal kleine Kaffeeläden und neue, liebevoll gestaltete Orte. - Man genießt sie gerade zu diese neue Vielfalt an Möglichkeiten und schönen Orten. Deswegen vergisst man auch leicht, rechtzeitig aufmerksam zu sein und zu hinterfragen, ob und wie sich (d)ein Viertel verändert.

Und wenn man stutzig wird, ist es oft schon zu spät, dann hat vielleicht schon der erste Nachbar seine Mieterhöhung im Briefkasten. Oder der nette Kiosk von neben an, an dem man sich auch um 22 Uhr noch ein Hansa für den Feierabend kaufen konnte, ist schon durch eine Designer-Bude ausgetauscht worden. Und die wiederum ist durch einen Bartfrisuren-Laden, mit eigenen Pflegeprodukt-Serie und einer kleinen französischen Bulldogge (die allerdings sehr süß ist) ausgetauscht worden.

Spätestens dann, wenn hochpreisige Restaurants, feine Boutiquen, SUVs und Bugaboo-Kinderwagen das Straßenbild prägen, wenn die ursprüngliche Bewohnerschicht komplett durch eine besser verdienende ausgetauscht wurde, ist ein Gentrifizierungszyklus abgeschlossen.

Im Wissenspool kannst du noch viel mehr und detailliertere Informationen zu Gentrifizierung finden. Mach dir dein eigenes, individuelles Bild. Sei kritisch und aufmerksam. Tu dich mit Freunden und Nachbarn zusammen und redet drüber. Und wenn ihr das Gefühl habt, euer Viertel verändert sich in eine ungünstige Lage, seit laut und frech. Fragt nach, involviert die Politik in eure Bedenken, setzt euch dafür ein, dass es ein Viertel für alle bleibt.

Bist du selber Pionier (Musiker, Designer, Künstler oder und Lebenskünstler) und arbeitest für Gentrifizierung ehrenamtlich? Bist du auch auch genervt davon? Dann schau im Headquarter Gentrifizierung Gratis© vorbei! Vielleicht schnappst du dir einen ArtistBag um das Thema nach draußen zu tragen! Mach doch mit!

Aber jetzt, wie wäre es mit ein paar Drops oder einem Hansa? Und vielleicht gibt es im Kiosk noch einen der limitierten "Kunst schläft nie!" Buttons zum Kunstprojekt - natürlich gratis

*„Klassische Gentrification: Als typisches Muster von Gentrificationprozessen wird oft eine symbolische Aufwertung durch sogenannte Pioniernutzungen angenommen. In bisher vernachlässigte Viertel mit großen Leerständen ziehen dabei KünstlerInnen und Alternativszenen ein, eröffnen Galerien, Kneipen und Clubs und tragen mit ihrer Anwesenheit und ihren Einrichtungen zu einem Imagewandel des Viertels bei. Aus einer wohnungswirtschaftlichen Perspektiven wird ein bisher unscheinbares oder sogar schlecht beleumundetes Viertel so zu einer ‚besonderen Lage’, die Extrakosten bei der Vermietung rechtfertigt.“ (Quelle: Verdrängung hat viele Gesichter von Andrej Holm auf gentrificationblog.wordpress.com https://gentrificationblog.wordpress.com/2010/10/18/gentrification-aufwertung-und-verdrangung-in-den-stadten/)

Ist der Drops schon gelutscht_w.jpg